Wie sich die Inflation auf Schadenfälle in der D&O- und Cyber-Versicherung auswirkt

Die Versicherungsplattform Finlex erwartet, dass die hohe Inflation, Energiekrise und Lieferkettenprobleme auf die Prämien von D&O- sowie Cyber-Versicherungen durchschlagen werden. Hinzu kommt, dass parallel die Schadenkosten bei Cyber-Attacken deutlich steigen.

Die Inflationsrate ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Während der deutsche Verbraucherpreisindex noch im Juni letzten Jahres bei gerade einmal +2,3 Prozent lag, stieg er laut statistischem Bundesamt im Juni 2022 auf 7,6 Prozent.

Die Preissteigerung macht sich auch in weiten Teilen der Gewerbe- und Industrieversicherung bemerkbar, unter anderem in der D&O- und der Cyber-Versicherung. Aufgrund der Inflation ist mit einer deutlich erhöhten Haftungsgefahr für Manager zu rechnen, vermutet Finlex. Zudem werden Schäden in Zukunft wohl teurer und verursachen höhere Kosten. Unternehmen und Unternehmensleiter sollten daher dringend ihren D&O- und Cyber-Versicherungsschutz überprüfen.

Energiekrise und Lieferkettenprobleme

Auslöser für die stark steigende Inflation ist in allererster Linie der Angriff Russlands auf die Ukraine. In ihrer Folge entstand aufgrund eines verminderten Angebots von Gas eine Energiekrise, die drastische Preissteigerungen zur Folge hatte. 

Damit einher geht ein steigender Druck auf die weltweiten Lieferketten. Verlängerte Lieferfristen gepaart mit Produktionsengpässen, Personal- und Materialmangel sowie Rohstoffknappheit und stark angestiegene Rohstoffpreise lassen Lieferketten teilweise komplett zusammenbrechen.

Erhöhte Haftungsrisiken für Manager in der D&O-Versicherung

Daraus resultieren enorme Herausforderungen für Unternehmen. Deren Vorstände und Geschäftsführer sind somit einem deutlich erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt. „In den vergangenen Monaten hat die Anzahl der Anfragen von Unternehmen und Unternehmensleitern zu haftungsrelevanten Themen, und ob diese im Rahmen ihrer D&O versichert sind, spürbar zugenommen“, berichtet Dr. Marcel Straub, Head of Legal und Leiter der Schadenabteilung bei Finlex. Denn insbesondere in Krisenzeiten haben Unternehmenslenker mögliche Risiken zu identifizieren und zu bewältigen. Gelingt dies nicht und begeht ein Manager einen Fehler, so haftet er mit seinem Privatvermögen, wenn er bei einer Entscheidung nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewendet hat.

Beispielhaft dient hierzu der aktuelle Fall eines US-Unternehmens, das technische Lösungen bei Entwicklung, Bau und Wartung kritischer Infrastrukturen bietet. Dessen CEO und der CFO werden von Aktionären in Anspruch genommen, weil sie nicht angemessen auf Lieferkettenprobleme und die Inflation reagiert haben sollen.

Ähnliche Fälle sind laut Straub auch in Deutschland denkbar. „Es sind unzählige Konstellationen denkbar, in denen Manager in der momentanen Krisensituation Fehler begehen können, aus denen Vermögensschäden für ihr Unternehmen entstehen. Dazu gehört der mögliche Vorwurf, ein Vorstand oder ein Geschäftsführer habe nicht adäquat auf die veränderten Marktgegebenheiten reagiert. Managern wird zum Beispiel vorgeworfen, Rohstoffe zu spät oder zu teuer eingekauft, keine alternativen Lieferketten erschlossen oder Materialien nicht rechtzeitig bestellt zu haben und deshalb die Produktion stillsteht. Dass Manager anschließend von ihren Unternehmen persönlich in Regress genommen werden, ist keine Seltenheit. Wir raten Managern daher mehr denn je, nur auf Grundlage fundierter Informationen zu handeln, Entscheidungen abzuwägen und Prozesse stets zu dokumentieren. Zur Absicherung sollte jeder Manager auf einen möglichst umfassenden D&O-Versicherungsschutz zurückgreifen können“, sagt Straub.

Verteuerung der Schadenkosten in der Cyber-Versicherung

Die Auswirkungen sind in der Versicherungsbranche bereits jetzt spürbar. In der Sachversicherung verursacht die Verteuerung von Material sowie Rohstoffen eine Kostensteigerung bei Wiederaufbau und Reparatur von Anlagen, Maschinen und Gebäuden. Zudem führen Materialmangel oder Störungen in den Lieferketten zu Verzögerungen und damit zu einer verlängerten Betriebsunterbrechung. 

Ähnliches ist auch in der Cyber-Versicherung zu beobachten. Wurde der Geschäftsbetrieb eines Unternehmens durch einen Cyberangriff, beispielsweise durch Verschlüsselung oder Zerstörung von Systemen, beeinträchtigt oder komplett zum Erliegen gebracht, so dauert die Wiederherstellung der Systeme aufgrund des Mangels an Rohstoffen oder Lieferproblemen (zum Beispiel bei Computerchips) und damit die Wiederaufnahme des Betriebs länger als bisher üblich. Je länger die Systeme ausfallen, umso höher sind die Schadenkosten des versicherten Unternehmens.

Hinzu kommt, dass aufgrund des allgemeinen Preisanstiegs damit zu rechnen ist, dass sich benötigte Teile und Materialien zur Wiederherstellung der Systeme im Einkauf verteuern. „Wir gehen davon aus, dass sich schadenrelevante Dienstleistungen in naher Zukunft zum Teil erheblich verteuern werden. Wir beobachten momentan, dass die für die Bewältigung eines Cyber-Angriffes dringend benötigten IT-Dienstleister und Forensiker ihre Stundensätze vereinzelt bereits angehoben haben“, sagt Elke Seiz, Claims Counsel bei Finlex.

Konzepte kritisch hinterfragen

Aufgrund der Schadeninflation rät Finlex, das individuelle Cyber-Versicherungskonzept kritisch zu hinterfragen. Im Fokus sollte dabei stehen, ob eine Erhöhung der Versicherungssumme oder etwaiger Sublimits vorzunehmen ist.

Denn es droht die Gefahr, dass aufgrund der gestiegenen Schadenkosten die Versicherungssumme im Schadenfall nicht mehr ausreicht oder Sublimits zu schnell erreicht werden. Die Folge wäre, dass versicherte Unternehmen auf einem Teil des versicherten Schadens sitzen bleiben, warnen die Experten der Versicherungsplattform.

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