EZB-Entscheidung: Was die Experten sagen

Klaus Wiener, Chefvolkswirt des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): 

„Wir begrüßen die Entscheidung der EZB, die Anleihekäufe zu reduzieren. Allerdings kann dies nur ein erster Schritt sein. Ziel muss die schnellstmögliche Beendigung der Käufe sein. Nur so besteht die Chance auf ein normaleres Zinsgefüge. Nach wie vor ist das extrem niedrige Zinsniveau eines der größten Stabilitätsrisiken. Je länger aber die Kapitalmarktzinsen in einem Umfeld steigender wirtschaftlicher Dynamik künstlich niedrig gehalten werden, desto größer wird die Gefahr eines abrupten Zinsanstiegs. Dies würde gravierende Folgen für die Konjunktur und die Finanzmärkte haben.“

Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV): „Ich sehe wenig Licht und viel Schatten. Denn auch wenn weniger Anleihen gekauft werden, ist es gleichzeitig schlecht, dass die EZB heute ihren gesamten Kurs auf einen längeren Zeitraum festgelegt ha.  Die Verlängerung bis weit in das Jahr 2018 ist trotz der Temporeduktion eine expansive Maßnahme. Denn die Bilanzsumme des Eurosystems steigt damit weiter an. Die gute Konjunktur im gesamten Euroraum hätte es der EZB erlaubt, entschlossener umzusteuern.

Der Preisauftrieb ist zwar noch gering. Doch das kann sich bei weiterhin guter Konjunktur und sich erholenden Arbeitsmärkten perspektivisch schnell ändern. Deshalb ist es kritisch, dass die EZB mit der Verlängerung der Anleihekäufe den Zeitpunkt, zu dem sie dann auch den Leitzins korrigieren kann, immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die EZB bleibt bei der Sprachregelung, dass die negativen Zinssätze bis über das Ende des Ankaufprogramms bestehen sollen. Die EZB schränkt sich damit unnötig ein und nimmt sich für längere Zeit die Möglichkeit, flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. Die ultralockere Geldpolitik muss auf besondere Krisensituationen beschränkt bleiben. Die EZB sollte Wege finden, sich selbst und damit auch die Sparer, Kreditinstitute und viele weitere Akteure in ganz Europa aus dieser unnormalen Zinswelt wieder herauszuführen.“

Foto: Shutterstock

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