Zahl der Pendler erreicht Rekord

Menschen und Umwelt litten „unter einer lange sträflich vernachlässigten Wohnungsbaupolitik“, kritisiert die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Aus Sicht der Gewerkschaft sei es ein Fehler gewesen, „die Wohnungen der öffentlichen Hand zu privatisieren und es war genauso verkehrt, die Wohnungsfrage viel zu lange dem Markt zu überlassen“.

Wohnen in der Stadt mindert Pendlerzahl nicht

In Deutschlands Großstädten wird es auch immer enger. Es gibt nicht nur mehr Pendler – es ziehen auch immer mehr Menschen in die Städte. Paradebeispiel ist die Pendlerhauptstadt München. In den vergangenen dreißig Jahren hat die Stadt etwa 300.000 Einwohner gewonnen, die Bevölkerung ist von 1,2 auf 1,5 Millionen gewachsen. Derzeit kommen monatlich etwa 2.000 Neu-Münchner hinzu.

Doch der Trend zum Wohnen in der Stadt wird die Pendlerzahlen nicht mindern. „Es ist eine schöne Vorstellung, dass es weniger Pendler gäbe, wenn man vermehrt in die Städte zieht“, sagt Christian Breu, Geschäftsführer des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München.

„Die Leute sind bei der Arbeitsplatzwahl flexibler als bei der Wahl des Wohnorts. Die Entwicklung wird sich nicht drehen. Die Pendlerströme in und aus der Stadt werden deutlich zunehmen.“ Das gilt nicht nur für München und hat mehrere Gründe. In den Ballungsräumen entsteht etwa ein größerer Anteil der neuen Arbeitsplätze in den Kernstädten als im Umland.

Rekordverdächtiger Arbeitsweg

Die Änderungen im Arbeits- und Familienleben haben ebenfalls Auswirkungen, wie Bevölkerungsforscher Pfaff erläutert. „Durch die zunehmende Frauenerwerbsquote gibt es immer mehr Doppelverdiener. Paare sind unflexibler bei der Wohnortwahl, vor allem, wenn Kinder im Haushalt leben“, sagt er. „Auch die steigende Zahl befristeter Arbeitsverträge begünstigt das Pendeln, weil Erwerbstätige nicht für einen überschaubaren Zeitraum den Wohnort wechseln wollen.“

Indizien dafür liefert die Bundesagentur für Arbeit, welche die Bewegung für jeden Landkreis in Deutschland dokumentiert. So befanden sich 2016 (Stand 30.6.) unter dem Millionenheer der Pendler einige mit rekordverdächtigem Arbeitsweg: 23 Chinesen pendelten ins Büro nach München, in Hamburg waren es 13. Die Arbeitnehmer aus Fernost gingen ganz offensichtlich nicht davon aus, dass sie sich dauerhaft niederlassen. (dpa-AFX)

Foto: Shutterstock/miroslav110

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