Wie wahrscheinlich ist die Erweiterung des Euroraumes?

Aber auch bei diesem Kriterium stellt das DIW die Frage, wie zeitgemäß es noch ist beziehungsweise ob es nicht erweitert werden sollte. So zeigte sich laut DIW etwa in Spanien und Portugal während der Eurokrise, dass der private Schuldenstand eine ebenso wichtige Rolle spielt. In Deutschland, Frankreich und den Niederlanden sei es vor allem die Bilanzstruktur im Bankensektor gewesen, die immense Rettungspakete nach sich zog.

Insofern sei es nur folgerichtig, dass seit dem Jahr 2014 jedes Land, das dem Euro beitritt, dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Banken durch die Europäische Zentralbank unterstellt ist.

Wie wahrscheinlich ist ein neuer Beitritt in den Euroraum?

Insgesamt stehe derzeit formal vor allem das Inflationskriterium einer Aufnahme der meisten Länder entgegen, und in zwei Fällen das Schuldenkriterium. In den nächsten Jahren dürfte die Wahrscheinlichkeit, dass ersteres Kriterium verfehlt wird, aber sinken.

Die Inflation in den drei aktuellen Referenzländern dürfe sich wieder normalisieren, und mit unvorhergesehenen Preisschüben in den Beitrittsländern sei derzeit nicht zu rechnen. Zudem müssten diese Länder die Mitgliedschaft im sogenannten Wechselkursmechanismus II beantragen. Dies sei formal das fünfte Kriterium: Für zwei Jahre vor dem Beitritt muss ein Kandidat dem Mechanismus angehören und seinen Wechselkurs zum Euro innerhalb bestimmter Bandbreiten halten.

Innerhalb der nächsten Jahre scheine es daher allein aus formalen Gründen unwahrscheinlich, dass ein weiteres Land in den Euro aufgenommen wird. Die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Berliner Runde der ARD im Anschluss an die Bundestagswahl, dass jedes Land, welches formal die Kriterien erfüllt, aufgenommen wird, dürfte daher für die kommende Legislaturperiode kaum praktische Auswirkungen haben, so das DIW.

Abgesehen davon deute aber auch von Seiten der Beitrittskandidaten derzeit wenig auf ein solches Bestreben hin. Hierfür müsste der Euroraum nach Ansicht des DIW wohl weiter an seiner Krisenfestigkeit arbeiten und der eingeschlagene Kurs zu Reformen seiner Institutionen fortgeführt werden, wie es jüngst in einem Aufruf von deutschen und französischen Ökonomen gefordert wurde. (kl)

Foto: Shutterstock

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