AGI: Wechsel von Geld- zu Fiskalpolitik erfolgreich?

Auf dem bevorstehenden G20-Treffen wird unter anderem eine Diskussion über eine expansivere Fiskalpolitik erwartet – ohne aber vermutlich eine Chance auf Konsens. Kommentar von Ingo Mainert, Allianz Global Investors

Ingo Mainert, Allianz Global Investors
Ingo Mainert, Allianz Global Investors

Gastgeber China hat das Thema „Globale Konjunkturerholung“ auf die Agenda gesetzt. Ausgehend vom Land der Mitte – und vermutlich unterstützt von einigen europäischen Ländern – wird es eine Diskussion über eine expansivere Fiskalpolitik geben, etwa in Form neuer Infrastruktur-Investitionen. Gleichwohl ist ein Konsens wenig wahrscheinlich. Die USA werden sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen nicht mehr weit aus dem Fenster lehnen und Deutschland wird angesichts des Ziels der „Schwarzen Null“ zurückhaltend bleiben.

Ausbleibende Multiplikatorenwirkungen

Ohnehin ist fraglich, ob ein Wechsel von Geldpolitik zu Fiskalpolitik als Wachstumstreiber auf diese Art gelingen kann. Erstens dürften angesichts der weltweit hohen Staatsverschuldung die Auswirkungen großer Ausgabenprojekte begrenzt sein. In Erwartung künftiger Steuererhöhungen zu deren Finanzierung dürften die Bürger nämlich ihrerseits den Gürtel enger schnallen. Statt eines Anschubs privater Ausgaben kommt es zu Verdrängungseffekten, sprich die unterstellten Multiplikatorwirkungen bleiben größtenteils aus. Zweitens gibt es in vielen Industrieländern mittlerweile einen zunehmenden Widerstand gegen öffentliche Großbauprojekte, was Politiker wiederum bei deren Planung zurückhaltend werden lässt.

Kein Mangel an Finanzierungskapital für vernünftige Projekte

Die von der EU bereitgestellten, bislang aber eher zögerlich abgerufenen Finanzierungsmittel für Infrastruktur zeigen derweil, dass es vernünftigen Projekten nicht an Finanzierungskapital mangelt. Die einfache Gleichung „mehr Infrastrukturausgaben = höheres Trendwachstum“ ist somit kein Automatismus. Für die Finanzmärkte, an denen zuletzt Erwartungen fiskalpolitischer Stimulierungsmaßnahmen gehandelt wurden, ist daher von dieser Seite Enttäuschungspotenzial vorhanden.

Ingo Mainert ist Chef-Anlagestratege Multi Asset Europa bei Allianz Global Investors

Foto: Allianz Global Investors/Martin Leissl

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