Das Versicherungsjahr 2022 – Ein Jahr voller Wendepunkte

1. Januar 2022: Der Garantiezins sinkt auf 0,25 Prozent

Was das Absenken des Garantiezinses zum Jahresbeginn 2022 in jedem Fall eingeläutet hat, ist das Ende der Klassikprodukte in der Lebensversicherung. „Bei einem Anstieg des Zinsniveaus könnte es nach einiger Zeit des Abwartens zu einer Renaissance von Klassikprodukten kommen“, konstatierte Michael Franke“, Geschäftsführer des Analyse-und Ratinghauses Franke & Bornberg zwar noch im Sommer 2022. Schließlich wären Beitragsgarantien dann wieder darstellbar. Allerdings stelle sich die Frage, ob Versicherer bei steigenden Zinsen noch einmal hohe Zinsverpflichtungen eingehen würden. Die Fesseln der Zinszusatzreserve seien noch allzu gegenwärtig, sagte der Rating-Experte gegenüber Cash.

Doch diverse Interviews, die unsere Redaktion mit den Lebensversicherern im Spätsommer und Herbst führten, zeigten: Die Branche hat sich von den Klassiktarifen gedanklich verabschiedet: So hat die Allianz Lebensversicherung Anfang September für ihr Vorsorgekonzept Investflex und die nachhaltige Variante Investflex Green ein flexibles Garantieniveau eingeführt. Bei neu abgeschlossenen Verträgen lässt sich das Garantieniveau der gezahlten Beiträge nun während der Laufzeit nach oben und nach unten anpassen. Thomas Heß, Marketingchef der WWK, sieht die Lebensversicherer angesichts der Garantiezinsabsenkung vor einem Systemwechsel.

„Garantien treten in den Hintergrund, höhere Renditechancen in den Vordergrund. Damit verbunden sind vielfach auch höhere Anlagerisiken, die aber bei langfristiger Betrachtung beherrschbar erscheinen. Da Altersvorsorge ein langfristiger Prozess sein sollte, kann eine chancenorientierte Strategie durchaus bedarfsgerecht sein“, sagte Heß gegenüber Cash. Dennoch hält der WWK-Mann einen kompletten Verzicht auf Garantien für viele Kunden für nicht sinnvoll. Produkte mit 70 oder 80 Prozent der Beitragsgarantie hält Heß für besser geeignet.

Doch reagieren die Kunden auch auf die Entwicklung an den Kapitalmärkten? „Wir sehen im Neugeschäft, dass immer mehr fondsgebundene Produkte nachgefragt werden. Der Trend ist eindeutig erkennbar. Auch in der betrieblichen Altersversorgung. Auch dort findet ein starkes Umdenken statt. Sowohl bei den Vertriebspartnern als auch den Kunden. Wir haben dort mittlerweile etliche fondsgebundene Verträge mit Garantien unterhalb des Beitragserhalts. Weil viele sehen, dass es die bessere Alternative ist“, bestätigt auch Dr. Jürgen Bierbaum, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der ALH-Gruppe.

Keine Einzelmeinung. Das zeigten die vielen Interviews, die wir als Redaktion im Lauf des Jahres führten. Insofern: In der Altersvorsorge ist die Zeitenwende 2022 eingeläutet.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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