Nach Thomas Cook-Insolvenz: Die Pauschalreise ist nicht tot

Die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook schlägt hohe Wellen. Steckt die Tourismusbranche in der Krise? Mitnichten. Ein Beitrag von Michael Gierse, Aktienfondsmanager bei Union Investment.

 

Für hunderttausende Urlauber in Deutschland ist die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook ein persönliches Ärgernis: Sie haben bei Marken wie Neckermann Reisen, Bucher Last Minute, Öger Tours, Air Marin oder Thomas Signature eine Pauschalreise gebucht – und können ihren Urlaub nicht antreten. Reisen bis einschließlich 31. Dezember hat die deutsche Tochter des britischen Konzerns abgesagt, auch wenn sie ganz oder teilweise bezahlt waren. Die Anzahlung, die bei der Buchung fällig wird, ist auf jeden Fall weg. Einen Teil des Restbetrags dürften sie aufgrund der deutschen Rechtslage erstattet bekommen. Schlimmer trifft es die Kunden des ehemals zweitgrößten europäischen Reisekonzerns in dessen Heimatland Großbritannien und in Skandinavien: Sie bekommen gar nichts.

Was des einen Leid, ist des anderen Freud. Für die TUI AG etwa ist die Pleite von Thomas Cook wie der Hauptgewinn im Lotto. Seit der Insolvenz am 25. September 2019 stieg die Aktie der TUI AG um 6,5 Prozent von 10,80 Euro auf 12,10 Euro (Stand: 18. Oktober).

Anteile verteilen sich neu

Rund zehn Milliarden Euro Umsatz von Thomas Cook müssen neu verteilt werden. Branchenprimus TUI will sich einen großen Anteil davon sichern, um seinen Abstand zur Konkurrenz weiter zu vergrößern. Das Unternehmen gab vor Kurzem bekannt, dass es in den wichtigsten Reisezielen für den deutschen Markt 500.000 und für den britischen Markt zwei Millionen Bettenkapazitäten zugekauft hat – der Reiseveranstalter rechnet also mit zahlreichen neuen Kunden. Zudem signalisierte TUI Interesse an Partnerschaften mit Cook-Reisebüros.

Auch andere, kleinere Anbieter wie Alltours und Schauinsland Reisen sicherten sich einen Teil der Kontingente deutscher Thomas Cook-Töchter.

Die englische Dart Group, Inhaber der drittgrößten britischen Fluglinie Jet2 sowie des Reiseanbieters Jet2Holidays, meldete einen Anstieg der Last Minute-Buchungen seit der Insolvenz des Konkurrenten. Easyjet, bislang eher als Fluglinie mit rund 80 Millionen Passagieren bekannt, forciert einen offensiveren Ausbau des Reisesegments.

Seite 2: Steckt die Branche in der Krise?

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