EZB wagt ersten Schritt: Volumen der Anleihenkäufe halbiert

Die Geldpolitik der EZB ist vor allem in Deutschland umstritten. Jetzt machen die Währungshüter einen ersten Schritt zur Normalisierung. Sparer müssen sich allerdings noch gedulden. Der Leitzins bleibt weiter bei null Prozent.

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Die EZB wird ab Januar 2018 deutlich weniger Staatsanleihen kaufen.

Europas Währungshüter läuten den Einstieg in den Ausstieg aus ihrer milliardenschweren Geldschwemme ein. Die Notenbank setzt ihre vor allem in Deutschland umstrittenen Wertpapierkäufe im kommenden Jahr zwar fort, halbiert aber das Volumen.

Das teilte die Notenbank in Frankfurt im Anschluss an eine Sitzung des EZB-Rates mit. Vielen Ökonomen gehen die Beschlüsse allerdings nicht weit genug.

Drosselung ab Januar 2018

Von Januar 2018 an wollen die Währungshüter monatlich Staatsanleihen und andere Wertpapiere für 30 Milliarden Euro kaufen. Das Programm soll bis mindestens Ende September 2018 laufen und damit neun Monate länger als bislang geplant – bis dann veranschlagtes Volumen: 2,55 Billionen Euro. Bis Ende Dezember 2017 steckt die EZB monatlich noch 60 Milliarden Euro in Anleihenkäufe.

Die EZB lässt sich weiterhin die Möglichkeit offen, das Kaufprogramm in Umfang und Dauer auszuweiten, falls die Konjunkturlage sich verschlechtern sollte. Die Notenbank werde die Käufe nicht abrupt stoppen, betonte EZB-Präsident Mario Draghi. Zugleich mahnte er zu Geduld: „Die Wirtschaftserholung ist noch nicht nachhaltig.“

Leitzins bleibt bei null Prozent

Sparer müssen sich vorerst weiter mit Minizinsen begnügen. Den Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld leihen können, beließ das oberste Entscheidungsgremium der EZB erwartungsgemäß auf dem Rekordtief von null Prozent.

Finanzinstitute, die Geld bei der Zentralbank parken, müssen dafür weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Eine erste Zinserhöhung könnte Ökonomen zufolge womöglich erst 2019 anstehen.

Die Börsen reagierten positiv. Der deutsche Leitindex Dax legte nach den Beschlüssen zu und knackte wieder die Marke von 13.000 Punkten.

Ökonomen fordern schnellere Schritte

Viele Ökonomen fordern allerdings ein rascheres Ende der Geldschwemme. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung auf eine Normalisierung, aber der Abbau müsste schneller erfolgen“, befand Ifo-Präsident Clemens Fuest. Auch ZEW-Experte Friedrich Heinemann betonte: „Die Drosselung ist zu gering ausgefallen. Die EZB kauft zu viel und zu lange.“

BdB-Präsident Hans-Walter Peters warnte, Risiken der ultralockeren Geldpolitik stiegen Zug um Zug: „Insgesamt ist die heutige EZB-Entscheidung daher durchwachsen, frei nach dem Motto: zwei Schritte vor, ein Schritt zurück.“ Der Bankenverband VÖB forderte „einen transparenten Fahrplan für eine strengere Geldpolitik“.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher hält das vorsichtige Vorgehen der EZB dagegen für angemessen: „Sie muss sich bei ihrem graduellen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik ein hohes Maß an Flexibilität sichern, denn die Risiken für Wirtschaft und Finanzmärkte sind nach wie vor sehr hoch. Geopolitische Krisen, Protektionismus, der Brexit und die Schwäche vieler Banken weltweit könnten die wirtschaftliche Erholung Europas schnell wieder gefährden und die EZB zum Handeln zwingen.“

Inflation liegt bei 1,5 Prozent

Mit viel billigem Geld versuchen die Währungshüter seit Jahren, der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen und die Teuerung anzuheizen. Mittelfristig strebt die Notenbank eine jährliche Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke.

Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben – das würde die Konjunktur abwürgen. Im September lagen die Verbraucherpreise im Euroraum um 1,5 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Weil die Konjunktur im Euroraum wieder besser läuft und die Zeiten von Inflationsraten nahe Null vorerst vorbei ist, wuchs in den vergangenen Monaten der Druck auf die Währungshüter, ihren Anti-Krisen-Kurs zu beenden.

Vor allem in Deutschland ist die ultralockere Geldpolitik umstritten. Sparer bekommen kaum noch Zinsen, Banken tun sich mit dem Geldverdienen schwer. Allerdings profitieren auf der anderen Seite Kreditnehmer von günstigen Konditionen. (dpa-AFX)

Foto: Shutterstock

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