Verunsicherte Anleger: Angst ist ein schlechter Ratgeber!

Die Halver-Kolumne

Auf meinen aktuellen Kundenveranstaltungen fällt mir deutlich die große Anlegerverunsicherung auf. Die auch für hartgesottene Gemüter unfassbar hohe Staatsverschuldung und die Enfants terribles in Griechenland & Co. stören das Urvertrauen deutscher Anleger in die Stabilität. Sogar die Einschätzung, dass Deutschland immerhin noch der Einäugige unter den Blinden ist, bekommt Risse.

Robert Halver _ Börse - 204_240
Cash.-Kolumnist Robert Halver

Unsere Verschuldung ist relativ zur Euro-Südschiene zwar deutlich geringer, absolut denkt man dennoch an Sauerstoffzelt. Auch die finanzielle Mutterbrust, die wir unseren missratenen Stabilitätskindern gewähren müssen, hinterlässt mehr und mehr den Eindruck, dass auch Deutschland nicht als Adler fliegen kann, wenn die anderen es zwingen, als Huhn zu scharren.

Was machen wir aus dieser Gemengelage? Mein Opa, der als rheinischer Landwirt einen pragmatischen Optimismus ausstrahlte, sagte in schwierigen Zeiten immer „Wat kütt, dat kütt!“. Frei übersetzt heißt das: Mache aus allen Situationen das Beste und sorge dafür, dass dein eigener Mikrokosmos in Ordnung ist, auch wenn der Makrokosmos heftigen Stürmen unterzogen wird.

Und genau dies ist auch die Maxime für das Anlageverhalten. Die Liebe, die wir Deutsche vom Stamme Hasenfuß in Krisenzeiten gerne der Sicherheit von zum Beispiel Bundesschatzbriefen und Festgeldern entgegenbringen, sollte einem Lakmustest unterzogen werden. Natürlich gehören zu einer sauberen Vermögensaufteilung auch Staatspapiere und Liquidität.

Aber aus Angst sollte nicht alles in diese Anlageklassen angelegt werden, zumal zumindest der abhängig Beschäftigte über seine gesetzliche Rentenversicherung bereits Finanzansprüche an den Staat hat. Außerdem sind die aktuellen Renditen dieser Papiere vor dem Hintergrund, dass Staat und Geldpolitik versuchen müssen, die Verschuldung über Inflation abzubauen, nicht besonders attraktiv. Liebe ist sicherlich nichts Verwerfliches, aber bei Gelddingen muss der Kopf eingeschaltet werden. So sollte das „Hau-ab-Spray“, das viele Anleger beim Gedanken an verbrieftem Sachkapital wie zum Beispiel Aktien auspacken, im Haushaltsschrank bleiben.

Keine falsche Scheu!

Zwar ist die schwierige Wirtschaftslage ad hoc nicht das schlagendste Argument für Aktien. Wenn aber der Konjunktur-Kuchen schon kleiner wird, muss man sich eben den Aktien widmen, die aufgrund ihrer fundamentalen „Charakterfestigkeit“ immer noch geeignet sind, sich die Rosinen und den Zuckerguss zu sichern. Denn in jeder Krise gibt es auch Gewinner. Die Krise fungiert sozusagen wie der Hochdruckreiniger gegen festsitzenden Schmutz.

Im letzten Jahr wurden die einfachen Kursgewinne gemacht. Jetzt geht es darum, mit dem Hämmerchen die einzelnen Aktien sauber auf ihre Qualitäten abzuklopfen. Unternehmen, die ihre Kostensituation im Griff haben, über eine hohe Ertragssensibilität auch bei geringen Umsatzerhöhungen verfügen, oder in Schwellenländern eine bedeutende Rolle einnehmen sowie zusätzlich nicht zu teuer sind oder eine solide Dividende zahlen, sind gerade als Altersvorsorge definitiv geeignet. Diese Titel finden sich im industriellen Musterländle Deutschland, übrigens auch im Mittelstandsindex M-Dax. Daneben ragen die Öl- und Gastitel, Rohstoff- und Edelmetallminen und die dividendenstarken Sektoren Versorger und Telekommunikation hervor.

So und nun mal ehrlich: Gibt es selbst für den im Fell gefärbten Stabilitätsanhänger wirklich ernst zu nehmende Gründe, diese Substanzwerte als Schmuddelkinder zu bezeichnen? Das war eine rhetorische Frage!

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernseh- und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen präsent.

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Foto: Baader Bank

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